Die Rolle von ExpertInnen in der Pandemie

Gecko-Leiter Striedinger behauptet, dem Virus gehe das Futter aus, es werde keine Überlastung geben.

Ein Beitrag zu „Datenpsychologie“ und der Rolle von ExpertInnen:
Was sie sagen sollten, und was nicht.

Ich plädiere für 3 Ebenen
1) Wissenschaft
2) politische Zielsetzung
3) Umsetzung

Diese 3 Ebenen gehören getrennt!

Niemand hat eine Glaskugel, das ist völlig klar.

Seriöserweise kann man nur 1-2 Wochen in die Zukunft blicken, die Prognosen des Konsortiums sind treffsicher und ich kenne keine bessere. Das ist Wissenschaft. Jeder kann selbst eigene Modelle bauen und den Vergleich antreten.

Das Problem sind die mittelfristigen Einschätzungen, und hier wirds unwissenschaftlich. Hier machen wir alle – vom Laien über den Journalisten bis zum Wissenschaftler – den Fehler, dass wir – oft unbewusst – völlig vereinfachte Schlüsse ziehen: Wir siehen wie die Inzidenz in die Höhe schießt und gleichzeitig die Hospitalisierungen viel langsamer steigen als bei Delta. Es gibt eine Erklärung: „milder“, außerdem „viel junge angesteckt“. Beides stimmt, aber dann hört das Denken auf. Das geht dann genau so in die Medien, in die Politik, in die Köpfe der Menschen. Wir wissen nicht wie weit es hinaufgeht, ob ich das in den Spitälern ausgeht, ob die Welle von selbst bricht, wann das sein könnte, was danach passiert, ect. Impliziert nehmen wir oft eine Entkopplung an, was es aber nicht ist, sondern nur eine Änderung des Faktors.

VirologInnen, EpidemiologInnen, MolkeluarbiologInnen wird die Frage gestellt „sind Sie für die Aufhebung der Maskenpflicht“, „haben wir vielleicht bald Herdenimmunität?“, „wird die Welle von selbst brechen?“. Die Sache ist: Die können das nicht wissen. Sie müssen raten, und das tun sie auch. Und ich finde: Das sollten sie nicht.

Wie gesagt, ein Modell was in 3 Monaten passieren wird, gibt es nicht. Es können Vermutungen aufgestellt werden, mehr nicht. WissenschaftlerInnen sollten hier sagen was man nicht weiß, und sollten Szenarien zeichnen. ZB „es kann sein dass die Welle aufgrund von Durchseuchung von selbst bricht, es kann aber auch sein dass ganz Österreich durchseucht wird. bei ersterem Szenario gibt es einen kürzeren, hohen Peak, bei zweiterem eine monatelange Dauerbelastung. In beiden Fällen sind Spitäler überlastet, in beiden Fällen wird es LongCovid Fälle geben. Masken verhindern Infektionen, Tests verhindern Folgeansteckungen. Die Politik und die Gesellschaft muss entscheiden wie wir damit umgehen wollen.“

Zwischen diesen vereinfachten Inzidenz-auf-Hospitalierungs-Schlüssen und den wissenschaftlichen Prognosen, die es leider nur für ein paar Wochen geben kann – könnte man es mit halbwissenschaftlichen Darstellungen wie dieser hier versuchen: Die Neuinfektionen der Generation 55+.

Hier ist der Faktor Alterstruktur weitgehend außen vor, und wir sehen rein die Tatsache dass Omikron weniger oft zu Hospitalisierungen führt als Delta. Sie ist auf ca 1/4 reduziert, das kann man ganz gut erkennen. Der Peak der Deltawelle war bei einem 7Tagesschnitt von ca 2.800 (für 55+). Wir müssten also – stark vereinfacht gesagt – den 4fachen 7Tagesschnitt (11.200) erreichen, um den selben Bettenbelag wie in der Deltawelle zu erreichen. Im Moment stehen wir bei 8.000 – und jetzt stellt sich ganz einfach die Frage: werden wir die 11.200 erreichen? Das kann niemand wissen, auch wenn Gecko-Leiter Striedinger felsenfest behauptet, dem Virus gehe das Futter aus.

Wir wissen es nicht, es ist „erst“ 1/3 Österreichs durchseucht, selbst wenn 1/3 aufgrund des Impfschutzes immun bleiben würde, sind wir erst auf halber Strecke (ich bin absolut gegen Durchseuchung, u.a. wegen der immens hohen Zahl an LongCovid Fällen).
Hier wird also auf Herdenimmunität gesetzt, ohne zu wissen ob es sie geben wird. Langfristig schon gar nicht, aber nicht mal ob sie gegen Omikron-Reinfektionen schützt, wissen wir. Dieses setzen auf Herdenimmunität hat einen hohen Preis: eine enorme Zahl von LongCovid Fällen und die Gefahr der dauerhaften Schädigung der Organe durch Reinfektionen. Auch zu diesen beiden Themen gibt es noch kein endgültiges Wissen, auch das sollte man benennen und in die Diskussion miteinbringen. Den letztlich ist es eine politische Entscheidung, und ich denke wäre die Bevölkerung besser informiert, würde sie die Durchseuchung nicht wollen.

Also: ExpertInnen und Gecko-Leiter sollten
1) wissenschaftliche Erkenntnisse vollständig beschreiben
2) keine Empfehlungen für den Kurs abgeben, sondern Wenn-Dann-Szenarien beschreiben. Die Szenarien gehören politisch diskutiert und dann entschieden.
3) Beispiele anführen wie man Infektionen verhindern kann (Maske, Testen ect), auch wenn das mittlerweile Allgemeinwissen sein sollte.